„Die Hochzeitsreise“ als spritzige Komödie im Theater
Heiteres und Deftiges wurde am Montagabend (15.03.2010) und Dienstagabend (16.03.2010)im Theater auf dem Hornwerk geboten. Die „Komödie am Kurfürstendamm“ (Berlin) gastierte mit der Komödie „Die Hochzeitsreise“ von Noel Coward.
Regie führte der Hauptdarsteller Herbert Herrmann.
Das 1930 uraufgeführte Stück stellt zwei Paare auf der Hochzeitsreise vor:
Elliot und Sybill, Victor und Amanda.
Elliot und Amanda waren bis vor drei Jahren miteinander verheiratet gewesen.
Nun begegnen sich die Paare im Hotel an der Riviera.
Elliot und Amanda merken, dass sie immer noch einander verfallen sind.
Es kommt, wie es kommen muss: die beiden setzen sich nach Paris ab.
Ihr zweiter Wonnemond gipfelt in einer wüsten Alkohol-, Brüll- und Prügelszene.
Victor und Sybill platzen herein.
Die beiden Männer messen lautstark ihre Kräfte.
Victor und Sybill entzweien sich über ihre Einschätzung der beiden anderen, was wieder zu Prügeln führt.
Das Ende wird in zwei Versionen geboten: in der einen sitzen die beiden Männer auf einem Balkon nebeneinander und photographieren sich gegenseitig;
auf dem anderen Balkon die beiden Frauen, die, ineinander verliebt, Süßholz raspeln.
Die zweite Version bietet die Kombinationen Elliot und Amanda sowie Victor und Sybill an. Welche der beiden Versionen zutrifft, ist belanglos.
Genug, dass alle Kombinationen, die zwischen vier Personen möglich sind, durchgespielt wurden.
Eine Botschaft hat das Stück eigentlich nicht.
Es lebt davon, zu zeigen, dass der Liebe ein Element hemmungsloser Anarchie innewohnt, und dass Erotik und Gewalt sich verschwistern können.
Vergnüglich wird das mehrmalige Bäumchen-wechsel-dich dadurch, dass sich die Dialoge spiegelbildlich wiederholen:
ob man glücklich sei, wie man sich kennen gelernt hat, ob man eifersüchtig gewesen sei oder sei, dass man einen Coctail brauche und dass die Yacht am Strand Abramowitsch gehöre.
Erkenntniszuwächse oder Wandlungen treten nicht ein.
Es ist der endlose Reigen der Situationen und Sprachspiele, der untergründig auch ein leises Grauen auslöst.
Die vier Schauspieler bilden ein perfekt aufeinander eingespieltes Team, das mit Tempo und Witz die Handlung abschnurren lässt.
Patrick Bach gab den Victor mit dem Gesichtsausdruck einer Kuh, wenn's donnert. Johanna Mildner spielte die Sybill als armes Hascherl, das dann aber Züge gieriger Besitzergreifung entwickelt.
Herbert Herrmann gestaltete den Elliot als jemanden, der etwas hilflos seinen Emotionen ausgeliefert ist.
Wenn er sich resigniert drein gibt, bekommt sein Gesicht den Charme einer zerknautschten Aktentasche.
Nora von Collande bot die Amanda als schauspielerisches Kraftpaket: mal verliebt, mal schnippisch, mal aggressiv um sich beißend.
In der Szene, in der sie sich mit Elliot an das vergangene Glück erinnert, kommt so etwas wie giftig schillernde Poesie auf.
Das Publikum im restlos ausverkauften Hause ging begeistert mit, lachte, gab zündenden Szenenapplaus und spendete langen, prasselnden Schlussbeifall: restlos gelungenes, spritziges Boulevardtheater.
Wolfgang Motzkau-Valeton
Quelle: 1