Packende Inszenierung des Schauspiels „Die Grönholm-Methode“ im Theater
In der Evolutionstheorie hat Charles Darwin den Begriff des Darwinismus geprägt.
Diejenige Kreatur, die der Natur am meisten angepasst ist, überlebt - bekannt aus dem Englischen als „Survival of the Fittest“.
Ende des 19. Jahrhunderts kam erstmalig der Begriff des Sozialdarwinismus auf.
Die Vorstellung vom Kampf ums Dasein in der Gesellschaft steht dabei im Mittelpunkt.
Ein Paradestück des sozialen Darwinismus in Hinsicht auf die Berufswelt präsentierte am Donnerstagabend (08.04.2010) das Theater im Rathaus Essen/Konzertdirektion Landgraf mit dem packenden Schauspiel „Die Grönholm-Methode“ von Jordi Galceran.
Spielort ist ein karger Konferenzsaal. Fernando Porta (Luc Feit), Enrique Font (Carsten Klemm), Mercedes Degás (Claudia Buser) und Carlos Bueno (Klaus Nierhoff) sind die vier vermeintlichen Bewerber auf einen Managerposten in einer großen Firma.
Es finden keine Vorstellungsgespräche statt, stattdessen öffnet sich in unregelmäßigen Abständen eine Klappe in einer Wand.
Dort sind Briefe mit Anweisungen, aber auch
Accessoires wie Hüte enthalten.
Die Bewerber müssen Aufgaben erfüllen, um sich zu behaupten.
Dabei wurde dem Zuschauer ein Szenario geboten, das den Menschen auf seiner geistigen Ebene komplett bloß stellte.
Privates wurde bis ins kleinste Detail erörtert, diskutiert, thematisiert und bewertet - immer auf der Suche nach der richtigen Entscheidung für den richtigen Bewerber.
So schlüpften die Manager-Anwärter beispielsweise in die Rollen eines Bischofs, Toreros, Clowns und Politikers, die allesamt in einem abstürzenden Flugzeug sitzen.
Da es nur einen Fallschirm gibt, muss das überzeugendste Plädoyer den Überlebenden rechtfertigen.
Skurril war, dass die Nachwuchsmanager albern wirkende Kopfbedeckungen dabei tragen mussten.
Zudem wurde von Anfang an deutlich gemacht, dass sich ein Spion aus der Personalabteilung des Unternehmens eingeschlichen habe. Anschuldigungen, Vermutungen, Missgunst und anscheinende Lügengerüste wurden erörtert. Zu schade nur, dass an diesem Punkt der Handlung es dem Zuschauer sehr schwer gemacht wurde, den wulstigen Wortschwallen der einzelnen Bewerber zur Enttarnung des Spions zu folgen.
Nichtsdestotrotz zeigte das Schauspiel einerseits, mit welchen perfiden Methoden Menschen in Extremsituationen aus der Haut fahren und Zynismus, Sarkasmus sowie gespielte Härte zeigen können, andererseits wurde deutlich, dass der Mensch im Sinn der Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft keine Maschine ist, sondern ein Individuum mit Gefühlen und Bedürfnissen, was in der Nachricht vom plötzlichen Tod der Mutter von Mercedes ansatzweise deutlich wurde.
Zwar wurden die Charaktere leicht überzeichnet, doch die Geschichte bewies schlussendlich eine überraschende Pointe:
Nur Fernando war der alleinige Bewerber.
Die drei Mitstreiter, Angestellte des Unternehmens, wandten bei dem karriereorientierten Fernando die sogenannte Grönholm-Methode an, um die Qualifikation bis in die Haarspitzen zu testen.
Nach dem Test herrschte bei den drei Personal-Psychologen Uneinigkeit über die Integrität des Bewerbers.
Ohne Rücksicht wollen sie Fernando ein letztes Mal „fertigmachen", um seine Stärke unter Beweis zu stellen.
Persönliches, Intimes und Verletzliches muss er über sich ergehen lassen, bis zum Verlust der Würde - er gibt auf.
Das Schauspiel, übrigens nach einer wahren Begebenheit, unter der Regie von Johannes Zametzer bot einen Blick auf die abstrusen Methoden eines Großkonzerns, die „richtige" Führungskraft mittels einer fragwürdigen Methode zu ermitteln.
Die berufliche Eignung rückte dabei in den Hintergrund, und Schlüsselqualifikationen wie Teamgeist, Durchsetzungsvermögen, analytisches Denken, emotionale Intelligenz sowie Integrität und Loyalität spielen auch in der tatsächlichen Berufswelt außerhalb der Bühne eine immer bedeutendere Rolle, was sehr gut, trotz der wohl notwendigen theatralischen karikierenden Stilmittel, umgesetzt wurde.
Die Zuschauer bedankten sich bei den Schauspielern mit einem rhythmischen Applaus und stehenden Ovationen.
Michael Duensing
Quelle: 1