Ellen und Holger Schwiers begeisterten 400 Gäste im Theater
Rund 400 Zuschauer erlebten am Donnerstagabend (11.11.2010) das heitere und ebenso tiefgründige Schauspiel „Gin Rommé“ von Donald L. Coburn im Nienburger Theater. Ellen Schwiers schlüpfte in die Rolle der charmanten und liebenswürdigen Fonsia Dorsey.
Ihr Bruder Holger Schwiers gab den launisch-egozentrischen Weller Martin.
Beide fristen ein trübsinniges Leben in einem Altenheim. Bis sie sich kennenlernen.
Das Kartenspiel „Gin Rommé" bringt die beiden zusammen.
In vier Bilder wurde eine Lebenswelt gezeichnet, die das triste Heimleben mit allen Konsequenzen zeigte: Vereinsamung, Krankheit, Ungerechtigkeiten und Sinnkrisen.
Dreh- und Angelpunkt war das Kartenspiel. Weller ist ein fanatischer Spieler, um so mehr bringt es ihn ein ums andere Mal in Rage, wenn die leicht naive, aber äußerst clevere Fonsia Spiel um Spiel gewinnt.
Handlungsort war die Terrasse eines heruntergekommenen und in einem faden Weiß getünchten Altenheims.
Dort wurde gespielt, und scheinbar ganz beiläufig entwickelte sich das „Gin Rommé"-Spiel zur Metapher des Schicksals.
Die beiden Senioren erzählen aus ihren Lebenswelten, Weller war ein vermeintlich erfolgreicher Geschäftsmann, Fonsia schwärmte von ihrer glücklichen Vergangenheit und ihrer strengen methodistischen Erziehung.
Doch warum bekommt die betagte Dame keinen Besuch von ihren Verwandten?
Es wird gespielt, der frustrierte Weller reagiert immer aggressiver, als Fonsia ständig das Blatt für sich entscheiden kann.
Er rastet sogar aus, wirft den Tisch um und beschimpft seine Gegenspielerin.
Sie hingegen bleibt ganz gelassen - das Kartenspiel als Spiegel der Emotionen.
Doch aller Schein trügt, als die Wahrheiten ans Licht kommen und das Lügengerüst in sich zusammenbricht.
Fonsias Sohn wohnt in derselben Stadt, möchte aber mit ihr nichts mehr zu tun haben.
Sie weint, ist am Boden zerstört, als Weller sie mit dieser wahren Vermutung konfrontiert. Weller ist eine gescheiterte Existenz, denn er hat in Wirklichkeit alles in seinem Leben verloren.
Mit seinen Aggressionsausbrüchen sogar die Ehre vor sich selbst.
Ein letztes Spiel - sie gewinnt.
Er schlägt mit einem Besen um sich und verschwindet. Nun ist Fonsia wieder allein.
Das Schauspiel offenbarte die Charaktereigenschaften zweier Menschen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Missgunst und Gewinnstreben, aber auch freundschaftliche Gefühle und Annäherung wurden gezeigt.
Das Kartenspiel, und die damit zusammenhängenden Konsequenzen, die sich durch das Streben nach dem Sieg entpuppten, ließen auf die Realitätswelten schließen.
Das Ziel, ein Spiel zu gewinnen, zeichnete das Bild des Menschen, in der Gesellschaft bestehen zu wollen.
Anerkennung und Ruhm können das Ergebnis sein, aber auch der tiefe, moralische und charakterliche Fall ohne eine kritische Selbstreflexion.
Weller ließ sich so sehr von dem Kartenspiel lenken, dass dieses eine mögliche gute Freundschaft verhinderte.
Fonsia hingegen sah de Situation gelassen: „Es ist doch nur ein Spiel", entgegnete sie entgeistert nach dem ersten Wutausbruch Wellers.
Und am Ende ist sie wieder ganz allein.
Ellen und Holger Schwiers agierten sehr souverän und überzeugend.
Mit einer charismatischen Spielweise verstanden es die Schauspieler, ihr Publikum in den Bann zu ziehen.
Witzige Pointen, tief greifende Dialoge und das hohe Maß der Schauspielkunst machten diesen Theaterabend zu einem besonderen Erlebnis.
Michael Duensing
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