Das bewegte Publikum im Nienburger Theater erlebt einen märchenhaften Abend
von Maren Hustedt
Nienburg. Schwanensee mit dem Russischen Ballettfestival Moskau am ersten Advent: Das war einfach märchenhaft. Die Darbietungen der klassischen Tänzerinnen und Tänzer luden dazu ein, sich fallen zu lassen und einfach zu genießen. Mucksmäuschenstill war es im voll besetzten Nienburger Theatersaal, als die ersten Klänge von Peter I. Tschaikowskys weltberühmter Komposition erklangen. Weil der Vorhang zunächst geschlossen blieb, stieg die Spannung im Publikum noch an.
Bis dann endlich der ersehnte Blick auf die Bühne frei wurde. Am See vor dem Schloss wird ein rauschendes Fest gefeiert. Hier soll der volljährige Siegfried auf Wunsch seiner Königin Mutter nun eine Braut aussuchen. Das Bühnenbild, das in erster Linie durch bedruckten Stoff dargestellt wird, vermittelt Dank ausgeklügelter Beleuchtung einen ebenso feierlichen wie geheimnisvollen Rahmen. Edel kostümierte Männer und Frauen tanzen elfengleich über die Bühne. Unter engen weißen Hosen zeichnen sich starke Muskeln ab. Anmutige Körper in zartrosa Tüllkleidern scheinen im Takt der Musik über die Bühne zu schweben. Berühren die Füße in den geschnürten Ballettschuhen überhaupt den Boden? Nur das leichte Klopfen beim Aufsetzen der verstärkten Spitzen bestätigt den Kontakt.
Mit dem Auftritt des weißen Schwans erfährt die Choreografie ihren ersten Höhepunkt. So zart, so zerbrechlich tanzt Walerija Isaewa den Schwan, dass Siegfrieds Herz in Liebe entbrennt. Doch nicht nur sein Herz ist verzaubert, auch die Herzen des Publikums erobert die Primaballerina im Sturm. In Liebe entbrannt, muss Siegfried erfahren, dass all die schönen Schwäne in Wahrheit Mädchen sind, die unter dem Bann des machthungrigen Zauberers Rotbart stehen. Es sind verzauberte Mädchen, die am Tage auf dem See leben und nur nachts ihre menschliche Gestalt annehmen können.
Nun beginnt der ursprünglichste aller Kämpfe: der des Guten gegen das Böse. Im Strudel der Musik entwickeln sich die Ereignisse. Nur wahre Liebe kann den Fluch besiegen. Doch obwohl Siegfried reinen Herzens ist, vermag er den Verführungen des schwarzen Schwans – der Tochter des bösen Zauberers – nicht zu widerstehen. In dem Moment, in dem der Geblendete ihr verfällt, erscheint der weiße Schwan und verzweifelt. Zeit und Raum sind vergessen, wenn die berauschende Orchestermusik den Kopf erfüllt. Wenn der weiße Schwan zu zerbrechen droht und Siegfried verzweifelt um seine Liebe kämpft.
Am Ende siegt die Liebe – ganz klassisch, ganz ohne Hintergedanken und Schlupfwinkel. Das Böse muss weichen. Und das darf auch so sein. Besonders in der Adventszeit - einfach und schön. Und wenn auch die schöne Musik aus der „Konserve“ kam und den Boxen im Theater zeitweise mehr abverlangte, als sie zu leisten imstande waren, so war das Gesamtkunstwerk doch ein Genuss. Mit klaren Bildern, herrlichen Kostümen, zauberhaften Tänzen, einer Geschichte, die das Herz berührt, und einem wunderbaren Happy End. Das bewegte Publikum dankte es mit lang anhaltendem Applaus, lautem Jubel und stehenden Ovationen.