Opernaufführung von Tschaikowskys „Die Pantöffelchen“ unterhält drei Stunden lang im Nienburger Theater
von Sabine Lüers-Grulke
NIENBURG. Vor fast intimer Kulisse, nämlich nur rund 200 Zuschauern, hat am Donnerstagabend das Opernensemble des Theaters für Niedersachsen (TfN) aus Hildesheim auf der Nienburger Hornwerkbühne die Oper „Die Pantöffelchen“ von Piotr Iljitsch Tschaikowsky aufgeführt. Allen, die nicht dabei gewesen sind, muss man aber leider sagen: Sie haben etwas Besonderes verpasst.
Die musikalische Leitung hatte Florian Ziemen selbst. Dem (immer noch recht) neuen Generalmusikdirektor des TfN ist es zu verdanken, nicht immer nur die „üblichen Verdächtigen“ wie den Zigeunerbaron, den Figaro und den Barbier präsentiert zu bekommen, sondern in jüngster Zeit eben auch Raritäten, die in Vergessenheit geraten waren. Oft zu Unrecht, wie „Die Pantöffelchen“ eindrucksvoll bewiesen:
Das Bühnenbild ist schlicht, aber stimmungsvoll. Ein weißer Teppich simuliert das verschneite Russland am Abend vor Weihnachten. Kleine Häuschen verlieren sich in der Weite, hie und da ist ein erleuchtetes Fenster zu sehen. Die Häuschen sorgen im Verlauf der Aufführung noch für Gelächter, denn Anna Katharine Bernreitner, für die Inszenierung zuständig, hat ein paar Gags eingebaut: So fährt die kleine Schenke ferngesteuert über die Bühne, am Giebel die Leuchtreklame „OPEN“ tragend.
Zwischendurch hat Hexe Solocha (Mezzosopranistin Neele Kramer) aus deren Innern diverse Säcke aus Netzstoff gezaubert, in denen sie ihre Verehrer nach und nach versteckt. Diese robben anschließend über die Bühne oder werden mühsam von Schmied „Wakula“ (Tenor Wolfgang Schwaninger) weggeschleift. Unter ihnen ist der Teufel (Peter Kubik), der aber kein unheimlicher Höllenfürst ist, sondern eher ein flinker, weißgewandeter Kobold mit Geweih und Fellstiefeln, der über die Bühne flitzt und tanzt, dass es eine wahre Freude ist. Er und Solocha avancieren an diesem Abend zu Publikumslieblingen: nicht nur ob ihrer gesanglichen Qualitäten, sondern auch, weil sie voller Sinnlichkeit agieren.
Dagegen stehen der brave Wakula und seine angebetete „Oxana“ (Katja Bördner) fast ein wenig im Schatten. Denn auch hier hat der Teufel seine Hände im Spiel und zieht die Strippen: Damit Wakula von Oxana erhört wird, muss er ihr Pantöffelchen beschaffen, wie sie die Zarin trägt. Diese entpuppen sich später als mit Goldflitter belegte Sneaker mit blauen LEDs in der blinkenden Sohle.
Auch die anderen Kostüme machten diese Oper zu einem Augenschmaus. Von Solochas Bienenkorb-ähnlicher Turmfrisur bis zu den aus Fuchs und Dachs gefertigten Pelzmützen der Dorfbewohner ist alles folkloristisch angehaucht, hat aber moderne, amüsante Anleihen: So steht auf manchen Schneestiefeln der Schriftzug „Boots“.
Während es unablässig schneit, tummeln sich Opernchor und Extrachor des TfN auf der Bühne. Eindrucksvolle Szenen wie die der Nixen, die aus nichts als Haaren und Beinen zu bestehen scheinen, bleiben im Gedächtnis. Die musikalische Qualität der TfN-Philharmonie ist ohnehin unbestritten.