NRW-Juniorballett präsentierte Motive von Agatha Christies „Mord im Orient-Express“ im Nienburger Theater
von Sabine Lüers-Grulke
Nienburg. Krimis sind angesagt. Nicht nur in Buchform, sondern als Film sowieso und jetzt sogar als Ballett. Ballett? Ja, das NRW-Juniorballett hat Agatha Christies „Mord im Orient-Express“ auf die Bühne gebracht. Oder zumindest Motive aus dem Roman aus dem Jahr 1934, in dem Meisterdetektiv Hercule Poirot den Tod eines Zugreisenden aufklärt. Das Publikum im
Nienburger Theater war am Mittwochabend fasziniert von den 70 Minuten intensiven Tanztheaters.
Die Bühne: Karg, bis auf einen großen Kubus aus verspiegelten Würfeln. Die ließen sich immer mal verrücken, neu stapeln und warfen Lichtreflexe in den Zuschauerraum. Darauf ließ sich auch sitzen und stehen, und so fungierten sie in der Eingangs-szene als Kulisse für die Eisenbahn selbst. Kraftvolle, schwarze Dampfmaschinen in Bewegung, das stellten die insgesamt 13 jungen Ballettkünstler noch recht eindeutig dar.
Danach aber hätte es manchem Zuschauer doch geholfen, er hätte sich den Roman oder den Film kurz zuvor nochmal zu Gemüte geführt. Denn in der Handlung ging es nicht darum, einen Krimi auf die Bühnenbretter zu bringen. Vielmehr spürt das Ballett von Demis Volpi, an dem neben ihm noch drei weitere Choreographen beteiligt sind, den Stimmungen nach.
Wie fühlt es sich an, mit dem einst legendären Luxuszug, dem „Orient-Express“, mitten in einer Schneelandschaft auf offener Strecke stecken zu bleiben? Unruhe unter den Reisenden; irgendwo im Niemandsland. Das Opfer: im roten Kleid – Daisy Armstrong? In der Geschichte von Agatha Christie ist die Entführung und Ermordung der fiktiven Tochter von Charles Lindbergh der Grund für den Lynchmord, den die Mitreisenden an dem Täter vollstrecken.
Der Detektiv: umherirrend auf der Suche nach der Wahrheit; die Zeugen – beziehungsweise die Täter, die schlussendlich davonkommen – sind gekleidet in an-drogyne Anzüge: schwarze Hosen und Jackets, darunter nahezu blanke Oberkörper. Kraftvoll, mitunter schon fast brutal gingen die jungen Tänzer miteinander um.
Über allem lagen wundervolle instrumentale Klänge unterschiedlichster Komponisten, mitunter wurde es auch mal ganz dissonant. Was hier Ohren und Augen geboten wurde, war mehr ein Nachfühlen als ein Erzählen der Geschichte. Aber das war äußerst gelungen!
Zwar hätten die jungen Ballettkünstler mehr Zuschauer verdient gehabt, doch diejenigen, die da waren, belohnten deren Leistung mit so lautem Applaus, als wäre das Theater auf dem Hornwerk ausverkauft gewesen. Zum Schluss gab es sogar stehenden Beifall.