Heiner Lauterbach und Dominique Lorenz lassen das Theaterpublikum vor Freude glucksen von Uta von Sohl
Nienburg. „Jahre später, gleiche Zeit“ ist eine bezaubernd leichtfüßige und geistreiche Komödie des kanadischen Bühnen- und Drehbuchautors Bernard Slade, der mit diesem 1975 uraufgeführten Theaterstück „Same time, next year“ das Publikum mitnimmt auf eine spannende Zeitreise durch alle Höhen und Tiefen einer ungewöhnlichen Liebesbeziehung.
Alle Jahre wieder, an jedem 12. November, treffen sich Doris und George zu einem verliebten tête à tête in einem neutralen Hotelzimmer – und das schon seit 25 Jahren. Anstatt sich im Kloster kontemplativen Exerzitien hinzugeben, will sie mit George in Erinnerung an das erste Rendezvous leidenschaftliche und vertraute Stunden genießen. Und mit diesem silbernen Jubiläum beginnt in zeitlichen Intervallen die tiefgründige und oft sehr berührende amouröse Entwicklung eines Paares.
Während 1976 George, gerade Witwer geworden, als charmanter Knochen seine Liebste nonchalant mit rauchig-verführerischer Stimme und Pianobegleitung anhimmelt („Bezaubernd, beglückend, Du bist wunderbar – ich will mich ergeben, ich will mit Dir leben“), ganz zielgerichtet dem Alleinsein ein Ende machen möchte, wird Doris realitätsbezogen widerstehen.
In den nun folgenden Szenen werden, wie in einem Zeitraffer, tiefgründige Einblicke in Höhen und Tiefen parallelverlaufender Lebensentwürfe eines sehr ungewöhnlichen Paares gewährt, die den Zuschauer von der ersten Minute an mit treffsicheren Bonmots und pointierten, schlagkräftigen Dialogen, aber auch mit berührend intimen Momenten faszinieren. Höhenflüge und Niederlagen halten sich die Waage und geben dieser Komödie einen hohen künstlerischen Anspruch.
Heidelinde Weis hat mit ihrer Regie sehr behutsam schrille und stille Momente zugelassen und den beiden Protagonisten Raum zur vollen Entfaltung sehr persönlicher Rollengestaltung gegeben. Und so verfügt Dominique Lorenz als starke, selbstbewusste Geliebte über alle Trümpfe weiblicher Überlegenheit, die verführt, versteht und mit Contenance Situationen meistert, die sich eine liebende Frau niemals wünschen würde. Eine emanzipierte Grande Dame par Excellence.
Heiner Lauterbach zwischen Womanizer und unappetitlichem Miesepeter
Dass Heiner Lauterbach, einer der profiliertesten und facettenreichsten Charakterschauspieler, den George in einem Parforceritt der Gefühle vorantreibt und zwischen heißblütigem, begehrlichem Womanizer, liebenswert-unschuldigem Fremdgänger bis hin zum unappetitlichen Miesepeter und alterndem Hypochonder szenengerecht hin- und her switcht, das ist schauspielerische Brillanz .
Das Publikum im ausverkauften Nienburger Theater gluckste bei pikanten Szenen vor Freude, beklatschte spontan treffsichere Pointen und verabschiedete die beiden Darsteller mit einem langen und herzlichen Schlussapplaus.